Stromnetzbetreiber wappnen sich für Klimawandel
Häufigere Extremwetterereignisse wie Orkantief SABINE, das gestern über Deutschland fegte, gefährden die Stromnetze und beeinträchtigen Versorgungssicherheit und Betriebsführung. Netzbetreiber versuchen mit präzisen Wetterinformationen gegenzusteuern.
Karlsruhe, 11. Februar 2020 – Deutschland ist weltweit am drittstärksten von Extremwetter betroffen. Zu diesem Ergebnis gelangt eine auf der Weltklimakonferenz in Madrid präsentierte Studie des Thinktanks Germanwatch.
Mehr Stromausfälle durch Extremwetter
2018 verzeichnete die Bundesrepublik Schäden von 4,5 Milliarden Euro durch Wetterextreme – auch und gerade bei den Stromnetzen. So stieg die durchschnittliche Dauer von Stromausfällen wetterbedingt laut Bundesnetzagentur 2017 gegenüber 2016 signifikant von 12,8 auf 15,14 Minuten, sank 2018 aber wieder auf 13,9.
Orkantief SABINE, das gestern über Deutschland zog, führt diese Entwicklung drastisch vor Augen. In Niederbayern stürzten mehrere Strommasten um, zeitweise waren im Freistaat bis zu 50.000 Menschen ohne Strom. In Tschechien und Frankreich kappte der Sturm die Energieversorgung von 100.000 respektive 130.000 Haushalten.
Blitzgefahr und Haftungsrisiken
Ein besonderes Problem für Netzbetreiber sind Blitze und Sturm. Erstere, weil sie am häufigsten Störungen im Netzbetrieb verursachen. Und Zweitere, weil Sturmschäden erkleckliche Schadenersatzzahlungen nach sich ziehen können. Unter einer Windstärke von 10 gelten dadurch verursachte Stromausfälle nämlich nicht als Schäden höherer Gewalt und müssen vom Betreiber voll abgegolten werden.
Namhafte Netzbetreiber wie 50Hertz oder Syna setzen deshalb auf hochwertige Speziallösungen. Dazu Jürgen Köchling, technischer Geschäftsführer der Syna GmbH, der Süwag-Netztochter. «Die Syna bezieht von UBIMET umfangreiche meteorologische Informationen für das Netzleitsystem. Dazu zählen auch Echtzeit-Blitzdaten sowie Unwetterwarnungen für unser gesamtes Netzgebiet. Zuverlässige, in Echtzeit verfügbare und möglichst präzise Daten sind für uns als Verteilnetzbetreiber essentiell wichtig.»
Hitzewellen gefährden Netzstabilität
Auch die Temperaturextreme nehmen zu. «Denken Sie nur an den vergangenen Sommer in Deutschland mit Werten jenseits der 40 Grad über Tage hinweg», konstatiert Alexander Lehmann, Meteorologe und Geschäftsführer des Energiekompetenzzentrums von UBIMET in Karlsruhe. Je wärmer es wird, desto kritischer wird die Situation im Übertragungsnetz, sind Freileitungen grundsätzlich doch nur für einen Betrieb bis 35 Grad ausgelegt. Umso wichtiger wird daher auch ihr Monitoring, um prekäre Situationen a priori zu vermeiden.
Der rasante Ausbau der Erneuerbaren erhöht zudem den Transportbedarf für Strom massiv. Mittels Freileitungsmonitoring lässt sich laut Berechnungen eines namhaften Übertragungsnetzbetreibers unter günstigen Bedingungen bis zu 80 Prozent mehr Strom über bestehende Leitungen schicken. Voraussetzung dafür: präzise Wetterdaten entlang der Trasse, wie sie UBIMET bereits heute in einer Auflösung von 100 m liefert.
PrognoNetz: Künstliche Intelligenz verbessert Stromübertragung
Gemeinsam mit Übertragungsnetzbetreiber TransnetBW arbeitet UBIMET im Forschungsprojekt PrognoNetz an der weiteren Verfeinerung des Freileitungsmonitoring. «PrognoNetz wird smarte Stromleitungen ermöglichen, die mit Künstlicher Intelligenz den Stromfluss in Echtzeit optimal an die Wetterbedingungen anpassen können und damit eine höhere Auslastung ermöglichen», sagt TransnetBW CEO Dr. Werner Götz.
UBIMET präsentiert seine Hochpräzisionslösungen für die Energiewirtschaft von 11. bis 13. Februar auf der E-world 2020 in Essen (Halle 3 – Stand 531).